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Wie beeinflusst die Rasse das Verhalten? Der Labrador

Hunderassen unterscheiden sich nicht nur im Aussehen, sondern auch stark im Verhalten. Dieses passt oft zu den Aufgaben für die sie gezüchtet wurden. Der zweite Teil behandelt den Labrador


Zwischen dem Labrador und dem Husky, den ich im ersten Artikel beschrieben habe liegen Welten, wenn man ihr Naturell und Aussehen vergleicht. Das erscheint überraschend, sind doch beide Arbeitshunde aus einem ähnlich kalten Klima, oder nicht? Die Labrador Halbinsel liegt an der Ost-Küste Kanadas. Der Labrador ist kompakter und muskulöser als der Husky. Sein Kopf ist breit, fast teddybärig. Er teilt dies mit dem Neufundländer mit dem der zu früheren Zeiten oft verglichen wurde. Der Labrador ist allerdings kleiner und sein Fell ist kurz, wie das eines Rehs. Doch die Länge des Fells sagt wenig über seine Isolations-Fähigkeit aus. So kann der Labrador auch bei zweistelligen Minusgraden draußen (im Trockenen) gehalten werden. Vom Körperbau ähnelt er dem Boxer, Bull Terrier oder Rottweiler, wenngleich eher delikater daher kommt.

 

Die Linien

 

Neben der Show-Linie gibt es die Sport-Linie. In beiden Linien können die Männchen zu Brechern heranwachsen mit anständigen 40 kg Gewicht und bis zu 60 cm Schulterhöhe. Die Weibchen sind viel kleiner. Meine Nessy kann mit ihren 50 cm Schulterhöhe fast aufrecht unter ihrem Paarungs-Partner Anton hindurch gehen. Beim Deckungs-Akt hing sie mit ihren 24 kg halb an Antons bestem Stück herunter. Das hatte ihm offenbar mehr ausgemacht, als ihr, denn als Nessy um einen "Nachschlag" bat, zeigte er ihr die kalte Schulter. Der Unterschied zwischen den Linien liegt bei der Körperform: Die Show-Linie ist gedrungener und breiter, die Sport-Linie gestreckter.

 

Schnelligkeit

 

Vertreter der Sport-Linie können in Sachen Geschwindigkeit gut mit einem Husky mithalten. Meine Fine kommt auf Spitzengeschwindigkeiten von 43 km/h. Das war auch die übliche  Geschwindigkeit meines Huskys auf Kurzstrecken (bis 1 km), allerdings hatte er es einmal sogar auf 48 km/h gebracht, als ein Kaninchen während eines Laufs vor seiner Nase durchstartete. Da hatte Sam quasi einen Turbo gezündet. An der Stelle sei gewarnt: Stoppen Sie die Laufzeit Ihres Hundes mit der Stoppuhr auf einer geeigneten Strecke und keinesfalls, indem Sie Ihren Hund neben Ihrem Auto herlaufen lassen! Ein Autotacho zeigt sowieso zumeist eine zu hohe Geschwindigkeit an.

 

Das Naturell

 

Der Labrador ist vom Verhalten her das ziemliche Gegenteil des Huskys. Er teilt gern, ist neugierig, offen, gefallsüchtig und anhänglich. Seine Hobbys sind Apportieren, Schwimmen und das Vergesellschaften. Als Wachhund ist er denkbar ungeeignet. Manch ein Labrador würde einen Einbrecher eher umwedeln als verbellen. Das Element der Labradors ist das Wasser . Selbst mit mannshohen Wellenbrechern haben sie keine Probleme. Oft tauchen sie unter brechenden Wellen einfach durch.Auch deshalb eignen sie sich gut als Seenotretter. Ich war einmal eine geschlagene Stunde mit meinen beiden Wasserratten in tiefem Wasser schwimmen ohne, dass sie auch nur einmal zum Ufer zurück geschwommen sind um sich auszuruhen. Unter anderem helfen ihm seine Schwimmhäuten zwischen den Zehen auch im Wasser schnell und geschickt zu manövrieren.

 

Gefallsüchtig wie sie sind, kann man den Labradoren das ganze Repertoire eines Blindenhundes beibringen und immer noch lechzen nach mehr Training. Dabei beziehe ich mich auf Tessa und Angus, die ich in Dundee, Schottland kennengelernt habe. Weil sie nach ihrer Ausbildung unausgelastet waren habe ich Circus Sports mit ihnen gemacht, Ihnen also Zirkustricks beigebracht.

 

Dank ihrer Fröhlichkeit und Offenheit empfehlen sich Labradore als Therapiehunde in Schulen und Hospizen. Während ihrer Zucht zum Jagdhund hin, hat man auf Schussfestigkeit Wert gelegt. Zwar haben sie nur einen moderat ausgebildeten  Jagdinstinkt, den man ihnen leicht abtrainieren kann, aber gerade das macht sie zu so guten Apportierhunden (Retrivern). Bei einem stärkeren Jagdinstinkt würden sie das Wild aufschrecken, bevor der Jäger drauf schießen kann. Dank ihres kräftigen Körperbaus, des kurzen Fells und der breiten Pfoten, die eine großartige Traktion bieten, manövrieren sie sicher durch Wald, Flur und Sumpf. Im Verfolgungsspiel siegt vermutlich der Labrador über den Husky, der bei bei zu steiler Kurvenlage gerne mal ausrutscht. Der Wendekreis des Labradors ist dagegen beeindruckend klein. Wie der Border Collie kann der Labrador sich im vollen Lauf um beinahe 180 Grad herum werfen ohne groß aus der Balance zu geraten.

 

Woher kommt der Labrador?

 

Dazu gibt es keine gesicherten Angaben. Vielleicht von der Labrador-Halbinsel, vielleicht auch nicht, oder nur teilweise. Was man weiß ist, dass es dem Zweiten Earl of Malmsbury (England) imponiert hatte, wie diese Schiffshunde von der Ostküste der neuen Welt problemlos abtreibende Fische und Netze aus dem Meer apportierten. Er erkannte ihre Apportierfreude und begann sie zu züchten (um 1800). Irgendwann war jedoch nur noch ein Exemplar aus der Zucht übrig: der Rüde Avon (*1885). Alle heutigen Labradore gehen vermutlich auf ihn zurück. Es ist genetisch problematisch wenn alle Exemplare einer Rasse über ein einziges Tier miteinander verwandt sind. Zwar ist der Labrador für einen Zuchthund überraschend robust und wird um einige Jahre älter, als andere Rassen seines Kalibiers, z.B. der Golden Retriver. Dennoch leidet die Zucht stark unter Erbkrankheiten. Dem wird gegenwärtig mit Kreuzungen entgegengewirkt, wie z.B. mit Pudeln. Daraus ergibt sich der beliebte Labradoodle. Er ist eine Kreuzung aus zwei der intelligentesten Hunderassen, also eine wahre Intelligenzbestie. Die Besonderheit für die er besonders geschätzt wird ist jedoch, dass er wenig bis gar nicht haart.

 

Was waren die Aufgaben des Labradors, bevor er zur Jagd umgezüchtet wurde?

 

Der "Urvater des Labradors" war auf Schiffen in die alte Welt gekommen. Ein Schiffshund muss sich zurück nehmen können. Er muss in enger Kooperation oft mit neuen Menschen an Bord arbeiten. Die ursprüngliche Art zu fischen bestand jedoch darin am Ufer zu stehen und Netze auszuwerfen. Diese wird immer noch an einigen Küsten Amerikas praktiziert. Vielleicht haben die Nachfahren der Fischerhunde deswegen so viel Lust am Ziehen und Zerren. Sowohl meine Fine, als auch ihre Mutter Nessy können Baumstämme aus dem Wasser ziehen, die ich als kräftiger 1.90m großer Mann kaum stemmen kann. Dank der vielen gut verteilten kräftigen Muskelstränge entlang des Rumpfs können Labradore ganze Hirsche durchs Unterholz zerren. Für einen Strandfischer war ein Hund Gold wert, der in den kalten Atlantik hinausschwimmt und das schwere Netze an Land zieht. Dank seiner wärmenden Muskeln und des gut fettenden Fells unternehmen Labradore selbst dann Schwimmausflüge, wenn die Außentemperatur bei minus 10 Grad Celsius liegt. Im Winter 2011 lagen die Temperaturen in Schottland zwei Wochen am Stück bei unter minus 10 Grad Celsius. Jeden Tag lag sie acht, neun Stunden in ihrer Hütte und sprang bei jedem Spaziergang erst einmal ins Meer oder den nahen Bach. Seit ich mit Nessy in einer Wohnung mit Zentralheizung in Deutschland lebe, hat sie allerdings weniger Lust im Winter schwimmen zu gehen. Wie bei uns Menschen ist Kältetoleranz eben auch eine Frage der Gewöhnung. Labradore haben jedenfalls die körperlichen Voraussetzungen in Kälte und Eis zu leben. Allerdings ist Staunässe zu vermeiden. Anders als beim Husky kann dies rasch zu Erkältungen führen. Es gibt eben nicht das perfekte Fell für alle Fälle

 

Fazit

 

Wir wissen zwar wenig über die Vergangenheit des Labradors, aber was wir wissen erklärt ihn gut: Als Fischerhund musste er in kältestem Klima schwimmen und Schweres bergen. Als Schiffshund musste er kollegial und offen für Veränderungen sein. Als Jagdhund musste er geduldig und gehorsam sein. Deshalb sind sie echte Allrounder, die als Wachhunde leider einfach nur scheitern können.

 

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