Was, wenn ich einem Wolf begegne?

Eine seltene Begegnung. Der der hier bedroht wird ist der Wolf, sollte er sich denn auf das Werben des Hundes einlassen. Vermutlich wird es jedoch nicht die Liaison mit Hunden sein, sie den bedrohten Wolf aussterben lässt, sondern Kugeln oder Autobahnen. Deshalb: Wählt bitte nicht die AfD!

Kein Wolf hat Grund, sich einem Menschen zu zeigen, außer ...

Wölfe sind von Natur aus scheu. Sie ziehen sich zurück, wenn sie einen Menschen riechen und sie wittern ihn über eine kilometerweite Entfernung. Die meisten Wölfe Niedersachsens leben in der Heide, dort wo die Wahrscheinlichkeit einem Menschen zu begegnen am geringsten ist. Dennoch bemerkt kaum ein Wanderer ihre Gegenwart. Die Ureinwohner Nordamerikas haben das Sprichwort: "Begegnest Du jemals einem Wolf, ist Dir das Glück ein Leben lang hold"  (wie die Geschichte lehrt, können nicht viele Indianer einen Wolf getroffen haben). Der Wolf weicht dem Menschen also nicht erst aus, seit der ihm eins über den Pelz brennen kann. Vielmehr hat der Mensch dem Wolf in die Gene 'gebrannt': Du überlebst den Menschen nur, wenn Du von ihm unentdeckt bleibst. Die Krone unter den gefährlichsten Tieren trägt nämlich der Mensch. Der Wolf schafft es nicht einmal in die Top 20. Hyänen, Kojoten und Dingos haben weniger Berührungsängste mit Menschen. Selbst gebrechliche Menschen oder Kinder haben vor dem Wolf nichts zu befürchten solange ... ja ... solange, der Mensch den Wolf nicht anfüttert!

Warum ließt man von Wolfsbegegnungen?

Es braucht einer einzigen Wolf-Sichtung um eine wochenlange mediale Schlacht um die Gefahr von Wölfen los zu treten. Ähnliche Aufmerksamkeit könnte ein Mensch allenfalls mit dem Durchbrechen der Kanzleramts-Bannmeile mit einem LKW erregen. Der Wolf Kurti war so ein Fall: ein Fressen für die Medien: Der Wolf, der sich am helllichten Tag Menschen in den Weg stellte. Allerdings war Kurti von Menschen angefüttert worden. Er hatte gelernt, das Menschen ihn füttern, wenn er sich ihnen zeigt. So wand er sich mit hungrigem Magen an Spaziergänger. Wölfe betteln nicht wie Hunde. Sich vor einen Menschen zu stellen und eine Fütterung zu fordern, kommt dem aber am nächsten. Seinen Verwandten hatte Kurti damit einen Bärendienst erwiesen: Die öffentliche Bereitschaft frei lebende Wölfe zu akzeptieren ging in der Folge gegen Null. Da half es wenig, dass es in den 18 Jahren seit der Wolf in Deutschland wieder heimisch war kaum eine Begegnung zwischen frei lebendem Wolf und Mensch gegeben hatte. Die Schuld trägt zwar nicht Kurti, aber er hat für den Fehler, den gedankenlose Menschen an ihm begingen, mit seinem Leben bezahlt.

 

Update: Bei Celle ist kürzlich ein Wolf durch ein Dorf spaziert. Er zeigte sich wohl wenig beeindruckt von den Versuchen ihn zu vertreiben. Eine Anfütterung (wie oben erwähnt) muss nicht aktiv geschehen. In darben Winterzeiten kann es ausreichen, dass Katzenfutter in einem Garten am Waldrand herumsteht und aus einem scheuen Wolf wird ein "Problem"-Wolf. Allerdings hat eher der Mensch ein Problem mit dem Wolf, als dass der Wolf Menschen Probleme machen will. Besagter Wolf war offenbar ein Lonely Wolf, also ein Männchen ohne Rudel. Er begab sich zwar in große Nähe zu Menschen aber sonst hat er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Es gab nur etwas Herumgeknurre zwischen ihm und ein paar Haushunden (ein Schwanzvergleich würde man bei Menschen sagen). Trotzdem reichte es Dorfbewohner zu finden, die den hungrigen Journalisten gegenüber den sofortigen Abschuss verlangten. Das verkauft sich medial besser, als ein gelassenerer Bauer, der sagte: "Der dürre Kerl tat mir leid!"

Wenn ich und mein Hund auf einen Wolf treffen ...

Vermutlich dürften Sie eher erwarten einen rosa Flamingo im Dorfteich zu entdecken, als einen Wolf im deutschen Wald, aber was, wenn genau das würde passieren würde? Solange sich Ihr Hund in einer Nähe von unter 50 Metern zu Ihnen bewegt wird er vom Wolf als Ihnen zugehörig gewertet und in Ruhe gelassen (so wie es auch in Celle geschah, s.o.). Ist Ihr Hund sehr sehr weit von Ihnen entfernt würde er vom Wolf als Eindringling behandelt, was dem Hund nicht sehr gut täte. Wenn Sie nicht gerade einen Mastiff oder einen irischen Wolfshund haben, würde er einen Kampf schwerlich für sich entscheiden. Dennoch: Solange Sie in Rufweite sind, kann ihr Hund soviel Radau machen wie er will, er bleibt unbeschadet. Der Grund ist, dass ein Wolf auf seine Gesundheit angewiesen ist. Ein hinkender Lauf ließe ihn bald verhungern. Er wird sich deshalb sehr gut überlegen, ob es eine nerve Töle wirklich wert ist sich in einen Kampf einzulassen wo die doch eh bald wieder weg ist.

 

Und an der Leine wird Ihr Hund erst recht sicher sein, gleichgültig wie unflätig er sich einem Wolf gegenüber gebärdet. Ihr menschlicher Geruch schützt ihn besser als jeder Abwehrspray es könnte. Auch wenn manch ein Bauer es dem Wolf nicht zutraut, so ist er bei allem Übermut auch am Tag durch ein Dorf zu marschieren nicht so verrückt ein Kind anzugreifen (alles andere sind Märchen). Er würde ebenso wenig ein Bärenjunges angreifen. In beiden Fällen gilt: auch wenn das Muttertier nicht sichtbar ist, der Ärger ist gewiss. Katzenfutter ist so viel leichter zu bekommen. Ich behaupte nicht zu wissen, was einen Wolf dazu bringt durch ein Dorf zu marschieren. Es passiert jedenfalls nicht häufig. Aber vermutlich sind es dieselben Gründe, die Krähen, Waschbären und Füchse dazu treiben: Es gibt Futter im Überfluss: in Mülltonnen, auf Komposthaufen oder auf Terrassen. 

 

Wäre der Wolf wirklich das menschenfressende Monster aus den Märchen, hätte sich aus ihm niemals unser Haushund herausgebildet. Dass Wölfe verlorene Menschenkinder sogar adoptieren ist hingegen kein Märchen. Angeblich haben wir ihm das römische Weltreich zu verdanken, ebenso wie das Dschungelbuch. Es gibt aber auch in der Neuzeit etliche Fälle in denen Wölfe Kinder und sogar verlorene Erwachsenen gerettet, gefüttert, gewärmt und u.U. über Jahre durchgebracht haben in Russland ebenso wie in Amerika.

 

Wir sollten dem Wolf, dem wir unseren Hund verdanken, nicht zu einem Monster erklären. Der Wolf ist einfach nur ein Wildtier und nur, weil wir ihn nicht kontrollieren können heißt das noch lange nicht, dass wir ihn töten müssen!